Tide TV hat im Juni 2013 einen Beitrag über das GEnerationenhaus ausgestrahlt. Der Trailer ist jetzt auch bei youtube online.
Hier der Link: http://www.youtube.com/watch?v=n1BoOjtyk_4
- Wenn jung und alt forschen: Der Forschertag im Generationenhaus Wilhelmsburg war ein voller Erfolg – und das, obwohl dort miteinander und voneinander Lernen eher Alltag ist. Den Forschertag können Sie auch im Podcast nachhören – neuerdings auch bei Soundcloud.
Ein Generationenhaus für lebenslanges Lernen
Hamburger Abendblatt • 29.11.2012
Wenn Oma Hilde die Kinder nicht hätte, wäre sie schon lange nicht mehr auf dieser Erde. "Die Kinder halten mich am Leben", sagt die alte Dame, die im Altenheim St. Maximilian Kolbe zu Hause ist. Als die 89-Jährige 2004 dort einzog, dachte sie, dass sie dort angekommen sei, wo niemand mehr sie brauchen könne. Ausrangiert aus der Gesellschaft, so wie die meisten alten Menschen.
Doch dann kam Ingrid Stegmann. Sie brachte die Idee vom Generationenhaus mit und den alten Menschen in Wilhelmsburg eine neue Sinnhaftigkeit. Sie gründete einen Förderverein, sanierte das alte Gebäude zwischen Kirche und Altenheim und holte die Vorschulkinder der Katholischen Bonifatiusschule an die Krieterstraße 9. Aus dem Gebäude wurde das erste Generationenhaus in Hamburg. Seitdem lernen und arbeiten die Vorschüler täglich gemeinsam mit den Senioren aus dem Altenheim. "Für die Kinder ist es Freude am Lernen, für die Alten Nützlichkeit erleben", sagt Ingrid Stegmann.
Montags wird im Generationenhaus gemeinsam im Chor gesungen. Dann stimmen Menschen im Alter von fünf bis 100 Jahren alte Volkslieder und moderne Kinderlieder an. Gemeinsam bereiten sie ein Musical vor, das sie später in der Kirche aufführen wollen. Dienstags wird gemeinsam über Gegenwart und Vergangenheit philosophiert. Mittwochs gibt es die Computerwerkstatt. Dann reihen sich Kinderstühle neben altersgerechten Polsterstühlen mit Armlehne. Alt und Jung sitzen gemeinsam am Computer und arbeiten im Tandem.
Es geht um kreative Projekte wie das Erstellen eines Büchleins, das Schreiben von Texten oder das Einscannen von Bildern. Donnerstags präsentieren die Kinder ihre Ergebnisse drüben im Altenheim denjenigen, die nicht dabei sein konnten, weil sie nicht mehr mobil oder dement sind. Und freitags wird im Science Lab geforscht.
Alt und Jung - beide profitieren. "Die hochbetagten Menschen wachsen wieder in die Gesellschaft rein", sagt Ingrid Stegmann. "Und die Kinder lernen durch die Auseinandersetzung mit den Alten dazu." Sie haben keine Scheu vor direkten Fragen und gehen vorurteilsfrei mit den Bewohnern um. Schulleiter Erhard Porten ergänzt: "Die Kinder merken, wie wichtig sie sind, wie sehr sie gebraucht werden. Und die Empathie steigt. Das Ergebnis sind manchmal Freundschaften, die über Jahre halten."
Hamburger Sparkasse und Hamburger Abendblatt vergeben
den mit 100.000 Euro dotierten Hamburger Bildungspreis
Hamburg, 30.11.2012 – Zehn Schulen und Kindertagesstätten wurden gestern im Kehrwieder-Theater in der Speicherstadt mit dem Hamburger Bildungspreis geehrt, darunter auch vier in Wilhelmsburg und Harburg. Die mit insgesamt 100.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde von der Hamburger Sparkasse und dem Hamburger Abendblatt zum dritten Mal vergeben.
Der Hamburger Bildungspreis richtet sich an Schulen, Kindertagesstätten sowie andere gemeinnützige Bildungseinrichtungen in Hamburg. Es werden insgesamt zehn Preise vergeben, die jeweils mit 10.000 Euro dotiert sind. Die Bewerber stellen sich sowie ihre pädagogischen Konzepte und Projekte einer Jury aus Hamburger Persönlichkeiten und Bildungsexperten vor. Dabei geht es unter anderem um den gesellschaftlichen Wert des Projektes, wie gut es auf andere Einrichtungen übertragbar ist sowie um Nachhaltigkeit. Laudatoren des Abends waren Senator Ties Rabe, Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider, Haspa-Vorstandssprecher Dr. Harald Vogelsang und Prof. Dr. Reiner Lehberger von der Universität Hamburg.
Rund 100 Bewerbungen wurden in diesem Jahr eingereicht. Nach einer Vorauswahl besuchten Teams von Haspa und Abendblatt die 30 besten Bildungseinrichtungen. Dabei stellten der Leiter der Einrichtung, der verantwortliche Pädagoge und die beteiligten Schüler das Projekt persönlich vor. Nach dieser eingehenden Prüfung wurden die Bewerbungen der Jury vorgestellt, die unter anderem aus Vertretern von Schulen, Schulbehörde, Universität Hamburg, Hamburger Abendblatt und Haspa besteht. Sie wählte nach intensiver Beratung die zehn Preisträger aus.
Dr. Harald Vogelsang, Vorstandsprecher der Haspa, freut sich über den Erfolg des Bildungspreises und gratulierte den Gewinnern: „Mit diesem Preis wollen wir dazu beitragen, das Bildungsniveau in der Spitze und in der Breite anzuheben. Denn es gibt nur eines, was auf Dauer teurer ist als Bildung – nämlich keine Bildung. Vor zwei Jahren haben wir gemeinsam mit dem Hamburger Abendblatt den Hamburger Bildungspreis ins Leben gerufen.“ Die Haspa stellt dafür auch in diesem Jahr 100.000 Euro aus dem Zweckertrag ihres LotterieSparens zur Verfügung.
Die vier Projekte im Hamburger Süden, machen die Vielfalt der Ausgezeichneten deutlich. So nehmen 22 Kitas mit insgesamt rund 2.000 Kindern südlich der Elbe, die von der Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten gGmbH betrieben werden, am Projekt „Elbkinder auf Spurensuche“ teil. „Das Vorhaben kommt sowohl den Kitas, der Staatlichen Schule für Sozialpädagogik (also den Erziehern von morgen), dem Helms-Museum und der Hamburger Museumslandschaft sowie den Kindern und Familien zugute“, stellte die Jury fest. „Das künstlerische archäologische Projekt schafft für die Kinder, die häufig aus sozial benachteiligten Familien stammen, neue Bildungszugänge und führt sie spielerisch an historische Kenntnisse heran.“
Alt und Jung profitieren vom Projekt „Vorschule im Generationenhaus“ der Katholische Bonifatiusschule Wilhelmsburg. Hier wachsen hoch betagte Menschen wieder in die Gesellschaft hinein und lernen von den Kindern. Die Kinder merken, wie wichtig sie sind und wie sehr sie gebraucht werden. Sie verlieren die Scheu vor den Alten. „Das Ergebnis sind manchmal Freundschaften, die über Jahre halten“, haben die Juroren erfahren.
Junge Menschen, insbesondere aus Problemvierteln, durch praktisches Arbeiten in der Persönlichkeit weiter zu entwickeln, ist das Ziel des Projektes „Errichtung einer Boots- und Stadtteilwerkstatt“. Der Verein Get the Kick e.V. betreibt es derzeit in Kooperation mit der Stadtteilschule Wilhelmsburg. Weitere Schulen werden folgen. „Der Übergang der Schüler in den Beruf wird gezielt vorbereitet und durch die praktischen Erfahrungen erleichtert. Der Start ins Berufsleben gelingt so viel besser“, hieß es von Seiten der Jury.
„Über das Renaturierungsprojekt ‚Lebendige Engelbek’ des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums Harburg lernen Schüler Selbstständigkeit, kooperatives und soziales Lernen, Mitbestimmung und Mitgestaltung und vor allem das Bewusstsein für den Wert und die Schutzwürdigkeit der Natur“, lobten die Juroren. Die Arbeit der Schüler an der Engelbek sei prägend für die gesamte Schulzeit sowie für das lebenslange Lernen. Am authentischen Lernort können die Schüler ihr theoretisches Wissen über das Ökosystem praktisch umsetzen. Die Schüler lernen, dass sie etwas ändern und verbessern können. Das Projekt läuft inzwischen seit sieben Jahren und ist auch für den Stadtteil von großer Bedeutung.
Folgende weitere Einrichtungen wurden ebenfalls mit dem Bildungspreis ausgezeichnet:
- Grundschule Langbargheide und die Kita Moorwisch für das Projekt „Bildungshaus Lurup“,
- Schule Paracelsusstraße (Rahlstedt) für das Projekt Inklusionssport,
- KIKU – Kinderkulturhaus Lohbrügge für ihre Sprachförderung durch kulturelle Projekte,
- Stadteilschule Bergedorf für ihren Schulzirkus,
- Gyula Trebitsch Schule Tonndorf für das Projekt „Sozialer Kompetenzpass“,
- Initiative Naturwissenschaft & Technik gGmbH (NaT) für das Projekt „Aerodynamik“ in Kooperation mit dem Gymnasium Ohmoor und der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW Hamburg).,
Die Elbinselreportage - Wilhelmsburger Generationenhaus
Fernsehtrailer über das Generationenhaus
Mitten in der Metropole Hamburg gibt es einen einzigartigen Schauplatz der Kreativität, der Gegensätze, der Chancen: die Elbinseln im Hamburger Süden. Verschiedene Kulturen, spannende architektonische Projekte, Fragestellungen zur Ökologie und noch vieles mehr. Mit interessanten Menschen, Geschichten und Ideen. Im Generationenhaus in Wilhelmsburg lernen Jung und Alt gemeinsam. Es wird zusammen am Computer gearbeitet, getanzt, gesungen und gelacht. So profitieren beide Altersgruppen voneinander und haben viel Spaß.
Vorsichtig zündet Ingrid Stegmann eine große, gelbe Kerze an. Im Kreis um sie herum sitzen 20 Kinder auf dem Boden. „Das ist unsere Jesus-Kerze“, erklärt die 46-jährige Vorschullehrerin. „Sie soll uns daran erinnern, dass Jesus immer bei uns ist.“
Die Mädchen und Jungen im Alter von fünf bis sechs Jahren gehen in die Vorschule der katholischen Bonifatiusschule in Hamburg-Wilhelmsburg. Heute sind die Kinder ganz aufgeregt, denn sie besuchen wie jeden Donnerstag ihre Nachbarn vom katholischen Alten- und Pflegeheim St. Maximilian. Die fünfjährige Katharina freut sich: „Es gefällt mir, mit den Omas und Opas zu singen und zu spielen. Und dann sprechen wir auch über Gott.“
Ein Gewinn für beide Seiten
Nach dem Frühstück geht es in Zweier-Reihen zum Altenheim. Seit vier Jahren gehen die Kinder einmal die Woche zu den Senioren, kein Angebot des Altenheims ist so gut besucht. Kein Wunder: „Die Kinder sind so richtig drollig“, sind sich die Senioren einig.
Auch heute warten 40 Senioren auf die Vorschüler. „Seht, die Kinder kommen!“, ruft eine Frau im Rollstuhl. Die Kinder singen: „Hallo, hallo, wir freuen uns, dass ihr da seid!“
Seit zwei Jahren nutzt die Vorschulklasse den Garten des Heims mit. Altenheimleiter Lars Pässler erklärt: „Wir möchten diese räumliche Nähe von zwei katholischen Einrichtungen besser ausschöpfen. Denn diese Zusammenarbeit ist ein unglaublicher Gewinn für beide Seiten: Die vorurteilsfreie Begegnung tut unseren Bewohnern gut und unterbricht ihren Alltag.“ Lehrerin Stegmann ergänzt: „Und unsere Schüler erleben: Ich bin willkommen und kann Freude schenken. Und die alten Leute haben Zeit zum Zuhören.“
Heute hören alle, Kinder und Senioren, erst einmal Lehrerin Stegmann zu. Die zündet die Jesus-Kerze an und lädt alle zu einer Zeitreise ein: „Vor 2000 Jahren, da ist jemand ganz besonderes auf die Erde gekommen, um den Menschen von seinem Vater zu erzählen.“ Viele Kinder melden sich: „Jesus“, sagt ein Junge. Stegmann legt eine große golden Kugel und zwölf „Jünger-Kugeln“ in die Mitte. Jesus habe sich zu Fuß auf dem Weg gemacht, um den Menschen von Gott zu erzählen.
Dann packt die Lehrerin ein frisch gebackenes Roggenbrot aus. „Was macht das Brot mit uns?“ Thea meldet sich: „Wenn wir Brot essen, dann ist Gott auch in unseren Herzen drin.“ Stegmann schneidet das große Brot in viele Scheiben und Stücke. Woran die Kinder und Senioren das erinnert? „An die Oblaten, die es sonntags in der Kirche gibt“, findet Seniorin Renate Tesch.
„Glauben erfahren kann man nur, wenn man ihn lebt"
Jetzt sind die Kinder dran. Sie erzählen den Bewohnern von ihrem gestrigen Besuch in einer Bäckerei. Gemeinsam zählen sie die Zutaten für einen Brotteig auf: Mehl, Milch, Salz. Eine alte Frau sagt: „Wir haben früher Hefe genommen.“ Die Kinder antworten: „Wir auch.“
Nach einer Stunde heißt es: „Tschüss und bis nächste Woche!“ Die Kleinen haben nun erst einmal Pause und spielen direkt auf dem Kirchplatz vor dem Altenheim.
„Glauben erfahren kann man nur, wenn man ihn lebt, und da braucht man Vorbilder, da braucht man gemeinsame Erfahrungen“, sagt Stegmann.
Für die sorgen auch die „Vorlese-Omas“, die seit einem Jahr in die Grundschule kommen. Auch davon profitieren Kinder und Senioren: „Ich hab keine Oma und die können so gut vorlesen“, freut sich Lisa. Und „Vorlese-Oma“ Marie Stein, die seit einem Sturz auf einen Rollator angewiesen ist, erzählt: „Als ich krank und bettlägerig war, haben die Kinder mich besucht: 20 Mann in meinem Zimmer. Das war schön.“
Doch es gibt ein Problem: Von den anfänglich fünf Erzähl-Omas schafft es keine mehr in den Saal im ersten Stock des Gemeindehauses. Schwellen an den Türen verhindern auch, dass Senioren ohne Hilfe ins Gemeindezentrum kommen können. Deshalb soll das renovierungsbedürftige Gemeindehaus barrierefrei und generationengerecht umgebaut werden. Auch neue Möbel werden gebraucht. „Aus den Siebzigerjahre-Stühlen ohne Armlehnen kommt kein alter Mensch wieder hoch und durch die Abstandshalter können sich die Kinder nicht an die Senioren ankuscheln, weil da eine große Lücke klafft“, beklagt Stegmann.
Ein Haus für alle
Die Schirmherrschaft für das Projekt „Generationenhaus – Ein Haus für alle“ hat der Hamburger Erzbischof Werner Thissen übernommen. Für das Frühjahr 2009 ist der Baubeginn für den Umbau geplant. Um die 360.000 Euro für die Instandhaltung und den generationengerechten Umbau aufzutreiben, wurde im März 2008 ein Förderverein gegründet, dessen Vorsitzende Ingrid Stegmann ist. Das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken wird den Umbau unterstützen.
Wenn das Gemeindezentrum behindertengerecht ist, können im ebenerdigen Saal wieder große Erzählrunden stattfinden. In einer solchen sagte einmal eine Seniorin den Kindern, dass sie keine Angst habe, zu sterben. Sie zeigte den Mädchen und Jungen ihre Hände, die Haut in vielen Falten. „Welk“ wie ein alte Blüte oder ein Blatt im Herbst sei sie, sagte die Dame, und deshalb sei es Zeit, bald zu gehen. Sie wisse aber, dass nach dem Leben etwas Schönes auf sie wartet. Lehrerin Stegmann ist dankbar für solche Gespräche: „Der positive Umgang aus dem katholischen Glauben heraus ist für die Kinder wunderschön.“
Von Andrea Schulz-Colberg